„Wir dürfen nicht zulassen, dass unser schöner Sport in Misskredit gerät“

„Brutal: Sieben Rote Karten und Handgemenge bei Fußballmatch“ So titelte „Heute“ vor kurzem einen Bericht über den Abbruch des U18-Fußballspiels zwischen Cro-Vienna BD Gruppe und Austria XIII Auhof Center.
Schiedsrichter Ayham Gazal erzählt.

Ich hatte einen Jugendlichen nach einem brutalen Foul ausgeschlossen. Dieser ging nicht in die Kabine, sondern in Richtung Zuschauer, wo er dann auf einen Jugendlichen eintrat. Daraufhin ist die Situation eskaliert, mit Spielern und Publikum. So etwas an Gewalt auf einem Fußballplatz habe ich noch nie erlebt. Die Ordner haben zu spät oder gar nicht reagiert. Ich habe mir das Handy eines Zuschauers geborgt und die Polizei angerufen. Die kam nach fünf Minuten mit etlichen Einsatzwägen und hat die Schlägerei zum Glück beenden können. Ich hatte das Spiel bereits schon vorher abgebrochen und meinem Schiedsrichter-Kollegium umgehend Bescheid gegeben. Es ist schockierend, dass es so weit kommen kann. Damit meine ich auch, dass sich so viele Erwachsene zu Gewalt hinreißen lassen, die sollten es besser wissen als die Jugendlichen und ihnen Vorbild sein.

Wir müssen Gewalt und Rassismus gemeinsam bekämpfen, und zwar alle, die wie ich den Fußball lieben. Ich finde, dass wir vor allem die immens wichtige Ordner-Funktion allen Vereinsverantwortlichen ins Bewusstsein rufen müssen.  Ordner auf Fußballplätzen müssen in ihren Aufgaben geschult sein. Sie sind für die Sicherheit verantwortlich, müssen genaue Platzanweisungen bekommen, sich aufs Spiel konzentrieren, ohne dabei sich abzulenken, etwa ein Bier trinken oder rauchen.

Wir dürfen nicht zulassen, dass unser schöner Sport in Misskredit gerät. Ich bin vor vier Jahren Schiedsrichter geworden, weil mir der Fußball in meinem jetzt 30-jährigen Leben immer Kraft gespendet hat. Um Stress abzubauen, mit Freunden Spaß zu haben und um mein oft nicht einfaches Leben zu meistern. Ich musste mit meiner Familie aus meiner Heimat Kaukasus flüchten, als die Russen die Region kriegerisch besetzten. Über die Türkei sind wir in den Libanon geflüchtet. Dort habe ich eine HTL-Ausbildung absolviert und bei Siemens als Techniker angefangen. Ich war dann im Kraftwerksbau in vielen Ländern unterwegs. Überall hat mich der Fußball mit den Menschen friedlich verbunden. 

Seit 2016 bin ich in Österreich, ich habe die deutsche Sprache gelernt und bin inzwischen ein stolzer österreichischer Staatsbürger. Stolz, weil das Land so schön und lebenswert ist. Es macht mich sehr nachdenklich, wenn ich am Fußballplatz Situationen wie vor Kurzem in Favoriten erleben muss. Ich hoffe, dass wir gemeinsam Fußball weiterhin als einen die Menschen miteinander verbindenden und nicht trennenden Sport bewahren können – bei allem sportlichen Wettstreit.